So schnell sie konnte wühlte sich Leo durch die Menge auf dem San Marcus Platz von Venedig, sie hörte wie ihr jemand etwas nicht all zu nettes hinterherrief, doch um sich zu entschuldigen hatte sie keine Zeit.-Na gut, sie hätte es auch dann nicht gemacht, wenn sie noch eine Stunde Zeit hätte, bis der Flieger los ging, doch es blieben ihr gerademal 30 min. "Scusi.", murmelte Leo, während sie sich durch eine Gruppe Touristen wühlte, die die geflügelten Löwen und Engel auf der Basilika fotografierten. Beinahe wäre sie über die herrausragenden Steine der Piazza gestolpert, doch im rechten Augenblick wich sie noch aus und lief schwer atmend weiter. Ihr Atem ging schwer und sie drückte sich eine Hand an die Seite, denn sie hatte bereits Seitenstechen, aber stehen beiben würde sie trotzdem nicht.Nie im Leben. Der Gedanke was ihre Eltern mit ihr veranstalten würden, wenn sie das Flugzeug verpasst trieb sie nur noch mehr an. Denn ihre Familie gehörte teilweise zu reichen und teilweise zur Armen Schicht in Venedig. Die Familie ihrer Mutter hatte gerademal 10000 Lira-umgerechnet 10 Euro pro Tag zu Verfügung und es waren sieben Leute. Eigentlich wären es acht, aber Leo's Halbschwester war noch vor ihrem ersten Lebensjahr verhungert. Die Familie ihres Vaters dagegen schwamm nur so im Geld und natürlich gab es oft Streit zwischen ihnen. Das war auch der eigentliche Auslöser für die neue Schule gewesen. Dottor Massimo, ihr Großvater, meinte sie könnten seiner lieben Kleinen Leo nicht bieten und daraufhin ist Charlotte, ihre Großmutter mütterlicher Seits so wütend geworden, dass sie alles Geld zusammengekratzt hat und ihre einzige und liebste Nichte auf eine High School geschickt hat...Mittlerweile war genau diese Nichte beim Flughafen angekommen, wo sie sich ein paar merkwürdige Blicke, wegen Nietenarmband und Lederjacke einfing, aber wen kümmerte das schon? Das einchecken ging schneller als erwartet, aber als sie nun letzendlich auf ihrem Sitz am Fenster saß, war ihr Name schon zweimal durch die Lautsprecher gegangen. Ein leichtes Kribbeln breitete sich in ihr aus, als das Flugzeug abhob und sie sah noch einmal nach draußen. Unter ihr lag die Piazza, das Castello, der San Marcus Platz, die Basilika, Academia, die Academiabrücke von der sie so gerne Brot für die Enten runtergeworfen hatte und der Canal Grande, wo gerade eine Gondel zu sehen war, der übnliche Verkehrweg in ihrer alten Heimat. Alles unter ihr wurde kleiner und kleiner, irgendwann lehnte sie sich zurück und schloss die Augen. "Tschüss...leb wohl la bella luna.", murmelte sie, beinahe stumm. Was würde sie wohl auf der High School erwarten?